IQNA

Offener Brief eines Muslims an Innenminister Seehofer: Ändern Sie den Verfassungsschutzbericht!

11:46 - July 17, 2020
Nachrichten-ID: 3002829
Teheran (IQNA)- In meinem Brief an Herrn Seehofer fordere ich ihn auf, den neuesten Verfassungsschutzbericht zu ändern. Grund dafür sind die vielen Fehler und Verzerrungen, die in ihm enthalten sind. Dabei gehe ich unter anderem auf die folgenden Themen ein: Islamfeindlichkeit, Muslimsein, Moscheerazzien und AfD.

Sehr geehrter Herr Seehofer,

mit großer Spannung habe ich angesichts des blutigen letzten Jahres den Verfassungsschutzbericht erwartet. Umso enttäuschter war ich, als ich feststellen musste, dass der neuste Bericht des Verfassungsschutzes an mehreren Stellen Verzerrungen und Fehler beinhaltet. Sie sind zum Teil so gravierend, dass ich mich erneut gezwungen sehe, Ihnen ein Schreiben zukommen zu lassen.

Ich möchte zu Ihnen als ein einfacher deutscher Bürger sprechen, dem die Sicherheit des Landes am Herzen liegt – wenngleich bei mir noch hinzukommt, dass ich mich zur islamischen Religion bekenne, ich also gläubiger Muslim bin. Ich hoffe, Sie nehmen den Brief deshalb nicht weniger ernst. Sie, der Sie sich als Innenminister hoffentlich auch für die Belange der Muslime in diesem Land einsetzen, aus deren Sicht ich heute diesen Brief an Sie widme.

Im Vorwort zum aktuellen Verfassungsschutzbericht sieht die Welt noch gut aus. Anders als im letzten Jahr erwähnen Sie die Islamfeindlichkeit beim Namen, die Ihren Worten zufolge maßgeblich vom rechten Rand ausgeht. Zusammen mit dem Antisemitismus und der Fremdenfeindlichkeit würde die Islamfeindlichkeit sogar den Schwerpunkt rechtsextremistischer Agitation bilden (vgl. S. 3). Ihr Vorwort liest sich vor dem Hintergrund der zahlreichen Angriffe auf Muslime und ihre Moscheen (2019 knapp 900 Angriffe[1]) fast schon wie eine frohe Botschaft, die den lesenden Muslim hoffen lässt, dass die Islamfeindlichkeit im aktuellen Verfassungsschutzbericht aufgearbeitet wird.

Liest man jedoch weiter, entpuppt sich der anfängliche Hoffnungsschimmer als Farce. Denn außer im Vorwort taucht das Wort Islamfeindlichkeit nicht ein einziges Mal im aktuellen Bericht auf. Auch verwandte Ausdrücke wie Islamhass, Islamhetze oder antiislamisch werden nicht erwähnt. Ja selbst die Islamophobie – ein Ausdruck, der sich aufgrund der erstarkten Abneigung gegen den Islam und seine Anhänger im alltäglichen Sprachgebrauch etabliert hat – findet im aktuellen Verfassungsschutz nur einmal Erwähnung, wobei der Kontext nicht der ist, den der Leser vermutet: Es geht nicht um die steigende Islamfeindlichkeit in unserer Gesellschaft und die damit verbundene Bedrohung für die Muslime. Vielmehr wird der Begriff im Kontext des türkischen In- und Auslandsnachrichtendienst (MIT) verwendet, der laut Verfassungsschutzbericht angeblich danach strebt, in Deutschland Einfluss zu nehmen, indem er die Öffentlichkeit auf vermeintliche oder tatsächliche Fälle von Rassismus, Islamophobie und Türkeifeindlichkeit hinweist (S. 304).

Wir halten fest: Das Thema Islamfeindlichkeit, das im Berichtsjahr 2019 laut Ihrem Vorwort einen Schwerpunkt rechter Gewalt bildet, findet auf stolzen 380 Seiten nur einmal Erwähnung, und zwar an der Stelle, an der es zum Schwerpunkt erklärt wird. Gleichzeitig widmen Ihre Verfassungsschützer dem Islamismus aber ausführliche 60 Seiten. Wie wollen Sie uns das erklären, Herr Seehofer?

Die Gefahr, die vom Islamismus ausgeht – wir werden später noch erfahren, was Islamismus für den Verfassungsschutz bedeutet –, scheint also eine erheblich größere Bedrohung für Deutschland und seine Bürger darzustellen, als die Gefahr, die von Islamgegnern ausgeht. Anders lässt es sich nicht erklären, warum der Islamismus im Bericht breit behandelt wird, wohingegen die Islamfeindlichkeit mit keinem weiteren Wort zur Sprache kommt.

Mit diesem Widerspruch schießt sich der Verfassungsschutz nicht nur selbst ins Bein; er verkennt auch die Realität über die Rangordnung der aktuellen Bedrohungen in Deutschland. Denn alle uns verfügbaren Zahlen der letzten Jahre zeigen, dass die Islamfeindlichkeit eine erheblich größere Bedrohung für die Sicherheit Deutschlands darstellt als die Gefahr, die vom Islamismus ausgeht. Warum spiegelt sich das nicht im Verfassungsschutzbericht wider?

Gerade Sie müssten doch am besten wissen, dass etliche Muslime in Deutschland schon seit Jahren in Angst leben. Neben den vielen tagtäglich und direkt stattfindenden Angriffen – vor allem gegen kopftuchtragende Muslimas –, sind es todbringende Terrorakte wie kürzlich in Hanau, die Muslime in Angst leben lassen.

Und während die friedliebenden Muslime in diesem Land inzwischen um ihr Leben fürchten, fällt Ihnen nichts Besseres ein, als Razzien gegen ihre harmlosen Moscheen anzuordnen. Überfallartig haben Sie noch vor zwei Monaten vier der wichtigsten Moscheen der Schiiten in Deutschland in den heiligsten islamischen Tagen entwürdigen lassen.[2] Zeitgleich haben Sie die Häuser unschuldiger und wehrloser Familien von bis an die Zähne bewaffneten Spezialeinheiten stürmen lassen. Der Schreck, den die bewaffneten Einheiten den armen Familien auf Ihren Befehl hin eingejagt haben, ist mit nichts zu entschuldigen.

Lassen Sie mich Ihnen Folgendes mitteilen: Die Moscheen, die auf Ihren Befehl hin gestürmt wurden, sind mit die eifrigsten, wenn es um die Bekämpfung von gewaltfördernden Ideologien geht. In denselben Räumlichkeiten, die Ihre Männer mit Ihren Hunden verunreinigt haben, fördern die dort aktiven Muslime jeden Tag aufs Neue den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie sorgen dafür, dass die Mitglieder und Besucher der Moscheen zu Vorbildern der Gesellschaft heranwachsen. Dieselben Gemeinden, die Sie haben stürmen lassen, motivieren und unterstützen die kommenden Generationen in der Aufgabe, sich zu bilden, Berufe zu erlernen und der liebenswürdigen und freundlichen deutschen Bevölkerung, als dessen Teil sie sich verstehen, etwas zurückzugeben. Die Gemeinden waren darin bisher um Lichtjahre erfolgreicher als Ihr Verfassungsschutz im Kampf gegen die Islamfeindlichkeit.

Das alles aber können Sie nicht wissen, weil Sie keine dieser Moscheen jemals besucht haben. Und Sie werden sie auch in Zukunft nicht besuchen. Nicht, weil die Türen für Sie nicht offen ständen – das tun sie auch nach Ihrer abscheulichen Tat –, sondern weil Ihre antichristliche Überheblichkeit Sie davon abhalten wird, jemals eine dieser heiligen Moscheen aufzusuchen.

Andere, aufrichtige Anhänger des Christentums dagegen besuchen regelmäßig ebenjene Moscheen, die Sie und Ihr Verfassungsschutz seit Jahren beobachten und bekämpfen. Unter diesen Moscheen, die von den Anhängern aller Religionen besucht werden, ist auch das Islamische Zentrum Hamburg, das für seinen unermüdlichen Friedenseinsatz bekannt ist. Zu den zahlreichen Projekten, an denen das IZH seit Jahren mitwirkt, gehört das jährliche Friedensgebet, an dem die Vertreter der unterschiedlichsten Weltreligionen teilnehmen. In der Kirchengemeinde Blankenese bezeugen und erneuern Muslime, Juden und Christen sowie viele weitere Vertreter von Religionen jährlich ihre Friedensbotschaft.

An solchen Friedensaufrufen scheint sich der Verfassungsschutz offenbar so sehr zu stören, dass er seine Beobachtungen immer dann intensiviert, wenn sich das Islamische Zentrum Hamburg für den Frieden einsetzt. Mehr Friedensaktivität bedeutet in diesem Fall tatsächlich mehr Beobachtung von Verfassungsschützern.

Auch der aktuelle Verfassungsschutzbericht hat dem IZH im Vergleich zum letzten mehr Platz gewidmet. Das Islamische Zentrum Hamburg darf sich um eine halbe Seite mehr Text freuen, das es sich dank seines verstärkten Einsatzes für den gesellschaftlichen Zusammenhalt verdient hat. Sein über die Jahre anhaltender Aufruf an seine Mitglieder, die deutschen Gesetze zu achten, sowie sein Einsatz für Demokratie und Grundgesetz hat zur Beförderung des IZH bei den Verfassungsschützern beigetragen.

War es im letzten Verfassungsschutzbericht nur das größte und einflussreichste Zentrum der Schiiten in Deutschland (S. 223, 2018), ist es im aktuellen Bericht ein bedeutendes Propagandazentrum des Iran in Europa, das über sein bundesweites Kontaktnetz großen Einfluss auf islamisch-schiitische Vereine ausübt, bis hin zur vollständigen Kontrolle (S. 201). Diese Beschreibung, die ich fast wortwörtlich wiedergegeben habe, klingt, wenn wir uns den Teil mit den islamisch-schiitischen Vereinen einmal wegdenken, wie die der italienischen Mafia.

Tatsache ist: Weder betreibt das IZH Propaganda, noch übt es Kontrolle über andere Vereine aus. Diese auf nichts fußenden Anschuldigungen verzerren die Realität, sie machen aus einer harmlosen und friedensfördernden Moschee an der Alster eine kriminelle Organisation. Dabei ist das IZH bisher noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten und hat sich auch sonst nichts zu Schulden kommen lassen. Im Gegenteil: Das Islamische Zentrum Hamburg ist seit seiner Gründung ein Bollwerk für den interkulturellen Frieden in Deutschland. Jeder, der das IZH mit der wunderschönen Imam-Ali-Moschee kennt und bereits besucht hat, kann dessen Friedfertigkeit bezeugen, ganz gleich, welcher Religion er oder sie angehört.

Nicht weniger friedlich als im Islamischen Zentrum Hamburg geht es am internationalen Qudstag zu, wenn wieder Millionen von Menschen weltweit gegen Apartheid auf die Straße gehen. Im aktuellen Verfassungsschutzbericht wird versucht, der hiesigen Bevölkerung einzubläuen, es handle sich bei der jährlichen Quds-Demo um eine antisemitische Demonstration. In diesem Sinne werden auch die Teilnehmer der jährlichen Demonstration in Berlin im Verfassungsschutzbericht als Demonstranten vorgestellt, „die teilweise öffentlich antiisraelische, antiwestliche und antisemitische Parolen und Äußerungen verbreiten“ (S. 202).

Aber je mehr Sie, geehrter Minister, mit Ihren Mitarbeitern aus dem Verfassungsschutz versuchen, die Quds-Demonstration und dessen Teilnehmer als antisemitisch zu verunglimpfen, desto lauter werden sie skandieren: „Muslime, Juden und Christen, Hand in Hand gegen Zionisten!“ Sie und der Verfassungsschutz werden es nicht schaffen, den Charakter dieser Demonstration, die sich einzig und allein gegen Unterdrückung richtet, mit falschen Berichten zu verunstalten. Der internationale Qudstag bleibt eine Demonstration gegen die zionistische Apartheid auf palästinensischem Boden. Eine Apartheid, die von aufrichtigen Anhängern aller Religionen, ja selbst von Atheisten, am Qudstag durch physische Präsenz und stimmvolle Parolen bekämpft wird.

Mit dem aktuellen Verfassungsschutzbericht haben Sie und ihre Mitarbeiter vom Verfassungsschutz freilich nicht nur den internationalen Qudstag und einigen der friedliebendsten Moscheen in Deutschland den Krieg erklärt, sondern prinzipiell jedem Muslim, der den Islam so lebt, wie der Islam gelebt werden möchte. Das hängt mit der neuesten Islamismus-Definition im aktuellen Verfassungsschutzbericht zusammen, wonach jeder ein Islamist sei, der den Islam nicht nur als persönliche Angelegenheit betrachtet, sondern auch als eine Überzeugung, die das gesellschaftliche und die politische Ordnung bestimmt oder zumindest teilweise regelt. Dazu heißt es auch: „Der Islamismus postuliert die Existenz einer gottgewollten und daher ‚wahren‘ und absoluten Ordnung, die über den von Menschen gemachten Ordnungen steht.“ (S. 172)

Nach dieser Definition können Sie Millionen von Muslimen in diesem Land als Islamisten abstempeln, lieber Herr Seehofer. Denn kein gläubiger Muslim betrachtet den Islam als eine rein persönliche, private Angelegenheit. Der Islam ist schließlich keine Hausjacke, die ich trage, sobald ich es mir im Heim bequem mache, dann aber ablege, sobald ich das Haus verlasse. So funktioniert das weder mit dem Islam noch mit irgendeiner anderen Weltanschauung, Herr Innenminister.

Meine Überzeugungen begleiten mich auch außerhalb meines Hauses. Sie sind ein Teil meines Denkens und üben Einfluss auf mein Handeln. So wie mein Denken selbst, so lassen sich auch meine tiefsten Überzeugungen nicht mal eben per Knopfdruck auf Standby setzen. Sie werden im gesellschaftlichen Raum wirksam, manchmal sogar selbst dann, wenn ich es nicht möchte.

Auch Ihre privatesten Überzeugungen, geehrter Minister, manifestieren sich im politischen Raum, auch wenn Sie sichtlich bemüht sind, Ihre innersten Gedanken durch verwaschene Floskeln und typisch politisches Gerede zu kaschieren. Ihre täglichen Äußerungen entspringen Ihren innersten Überzeugungen. Und jeder, der Ihre Worte und Reden aufmerksam mitverfolgt, kann sich leicht ausmalen, in welche Richtung Ihre Überzeugungen (leider) tendieren.

Als Muslim bin ich davon überzeugt, dass der Islam die letzte von Gott herabgesandte Botschaft ist, deren Regeln und Inhalte – da sie von Gott stammen – über den von Menschen gemachten Ordnungen stehen. Nichts anderes werden Ihnen überzeugte Juden und Christen sagen. Die Tatsache, dass die göttlichen Regeln für mich Vorrang haben, bedeutet aber keineswegs, dass menschliche Vereinbarungen, wie unsere Verfassung, keinen Wert für mich besitzen. Es ist sogar so, dass mich der islamische Glaube dazu verpflichtet, mich an die geltenden Gesetze des Landes, in dem ich lebe, zu halten.

Das scheinen Sie, Ihre Mitarbeiter und die unbewanderten Islamexperten, die der Verfassungsschutz für die Erläuterung islamischer Vokabeln zu Rate zieht, bis heute nicht verstanden zu haben. Ich kann Ihnen daher nur dringlich empfehlen: Sagen Sie Ihren Experten vom Verfassungsschutz, sie sollen sich von ernstzunehmenden Islamexperten beraten lassen. Solange der Verfassungsschutz Personen konsultiert, die ihres Faches unkundig sind, so lange werden die Verfassungsschutzberichte nicht von Peinlichkeiten befreit sein. Als Minister, der die Dienst- und Fachaufsicht über den Verfassungsschutz hat, sollten Sie sofortige Maßnahmen ergreifen, wenn die Berichte auch von kundigen Muslimen ernstgenommen werden sollen.

Sorgen Sie dann auch gleich dafür, dass diejenige Partei, die die steigende Islamfeindlichkeit durch Hass und Hetze mitzuverantworten hat, im Verfassungsschutzbericht beim Namen genannt und unter Beobachtung gestellt wird. Ich spreche hier nicht von der CDU oder CSU, auch wenn meine Beschreibung auf beide Parteien zuträfe. Aber mehr noch als diese beiden ist es die Partei der AfD, die seit Jahren ihr gesellschaftliches Unwesen treibt, indem sie wahllos gegen Muslime, Ausländer und Flüchtlinge hetzt. Es waren die höchsten Funktionäre der AfD, die in den letzten Jahren den geistigen Nährboden für die islamfeindlichen Angriffe geschaffen haben. Deshalb müssen die Höckes, Weidels und von Storchs in diesem Land auch im Verfassungsschutzbericht als das bezeichnet werden, was sie sind: geistige Brandstifter. Die höchsten Funktionäre der AfD sind dafür verantwortlich, wenn ihre Worte zu Kugeln in den Waffen waschechter Nazis werden.

Ihre Verfassungsschützer verharmlosen diese Zusammenhänge, wenn sie anstelle der Partei selbst nur den „Flügel“ und die Jugendorganisation (JA) beobachten. Als gäbe es nicht genug extremistische Aussagen von Führern und Mitgliedern der AfD, die nicht zum Flügel oder zur Jugendorganisation gehören. Statt die AfD selbst zu beobachten, nimmt der Verfassungsschutz der AfD gegenüber fast schon eine demütige Haltung an, wenn er sich gezwungen sieht, gleich dreimal hervorzuheben, dass die AfD selbst kein Beobachtungsobjekt des Bundesamtes für Verfassungsschutz darstellt (vgl. S. 53, S. 83, S. 87).

Überbringen Sie, geehrter Minister, den Mitarbeitern vom Verfassungsschutz gerne die folgende Nachricht: Der Verfassungsschutz braucht sich nicht dafür zu rechtfertigen, dass er den faschistischen Flügel und die rechtsextreme Jugendorganisation der AfD beobachtet. Das bedarf keiner Rechtfertigung! Vielmehr sollten die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes sich fragen, warum sie trotz offenkundig antimuslimischer und fremdenfeindlicher Rhetorik von höchster AfD-Instanz, nicht den Mut aufbringen können, die Partei selbst unter Beobachtung zu stellen. Dafür sind Sie uns als verantwortungstragender Minister des Verfassungsschutzes eine Antwort schuldig, Herr Seehofer.

Auch schulden Sie uns eine Antwort, warum Sie kürzlich eine Untersuchung zu rassistischen Polizeikontrollen verweigert haben – ein Akt Ihrerseits, der vor allem den rechten Rand erfreut hat. Mit Ihrer Entscheidung, eine Studie über rassistische Tendenzen in der Polizei abzusagen, haben Sie sich keine Freunde gemacht.

Eine auf Fakten basierte Studie zum Racial Profiling hätte uns gezeigt, wie weit das Rassismus-Problem in der Polizei verbreitet ist. Immer wieder werden nämlich Fälle von Beamten bekannt, die sich offen rassistisch verhalten. Dadurch, dass sie Menschen mit dunkler Hautfarbe oder nahöstlichem Erscheinungsbild ohne irgendeinen Anlass kontrollieren oder anfeinden. Nicht selten wenden die Beamten sogar Gewalt an, wenn die Betroffenen sie auf ihren Rassismus aufmerksam machen oder Außenstehende den Leidenden helfen wollen.[3]

Dieser offensichtliche Rassismus bei der Polizei scheint Sie nicht zu stören. Eher fühlten Sie sich von der Studie gestört, die Sie kurzerhand abgesagt haben, weil wir angeblich keinen Bedarf für eine solche Untersuchung hätten.[4] Da kommt einmal etwas Vernünftiges vom Justiz- und Innenministerium und Ihnen fällt nichts Besseres ein, als diesem Vorschlag einen Riegel vorzuschieben. Das ist nicht mehr hinnehmbar, Herr Seehofer!

Es bleibt zum Abschluss nichts mehr übrig, als Ihnen zu sagen: Veranlassen Sie eine Änderung des Verfassungsschutzberichts! In seiner jetzigen Form ist er für seine Leser unzumutbar. Er kann weder aus einem muslimischen noch aus irgendeinem anderen Standpunkt so bestehen bleiben, dafür beinhaltet er zu viele Verzerrungen und Falschaussagen.

Wollen Sie aber nicht nur den Muslimen, sondern dem gesamten deutschen Volk etwas Besseres tun, dann treten Sie gleich zurück. Ihre Fehler der letzten Monate und Jahre haben uns gezeigt, dass Sie Ihres Amtes nicht würdig sind. Je schneller Sie den Weg frei machen, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass auch der Verfassungsschutz bald vernünftig arbeitet. Die Zukunft unseres Landes liegt in Ihrem Rücktritt.

Mit freundlichen Grüßen
Ein deutscher Muslim

 

1-https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/fast-900-uebergriffe-auf-muslime-in-deutschland-in-2019-16701551.html ↩︎

2-https://www.news.de/politik/855842839/horst-seehofer-verbietet-terror-organisation-hisbollah-in-deutschland-betaetigungsverbot-razzien-in-dortmund-berlin-muenster-bremen/1/ ↩︎

3-https://www.deutschlandfunk.de/fehlverhalten-von-beamten-wenn-polizisten-das-staatliche.1773.de.html?dram:article_id=430143 ↩︎

4-https://www.dw.com/de/seehofer-streit-um-abgesagte-rassismus-studie/a-54078713

 

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