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Die Verbrechen des Westens gegen Afrika am Beispiel Scheich Zakzakys und Nigerias

20:02 - July 19, 2019
Nachrichten-ID: 3001466
Obwohl der große islamische Gelehrte Scheich Sayyid Ibrahim Zakzaky, der seinen Widerstand gegen Ungerechtigkeit stets gewaltfrei durchgeführt hat, seit fast vier Jahren in nigerianischen Kerkern festgehalten wird, gibt es erst jetzt auch in den westlichen Medien kritische Berichte darüber. Die Frage sei erlaubt: Warum jetzt?

Ein Beitrag von Yavuz Özoguz

Das Beispiel der Interessenlage um Scheich Zakzaky und Nigeria steht exemplarisch für einen ganzen Kontinent, den der weiße Mann bzw. die Westliche Welt immer als ihr Rohstofflager angesehen haben. Kolonialismus gepaart mit Sklaverei und Rassismus haben den Kontinent an den Rand des Abgrunds geführt. Da im 21. Jh. der offene Rassismus, offene Sklaverei und offener Kolonialismus kaum noch möglich sind (außer in Israel), werden „modernere“ Methoden des Raubtiersystems Kapitalismus angewandt, um den Kontinent und seine Schätze westlichen Interesse zu unterwerfen.

Nigeria ist eigentlich ein reiches Land, denn es verfügt über ein großes Potential natürlicher Ressourcen wie Erdöl, Erdgas, Bitumen und anderen Bodenschätze. Das ist auch den Kolonialisten nicht entgangen, so dass ab 1861 die Kolonisierung Nigerias durch Großbritannien begann und in der offenen kolonialistischen Form bis ins Jahr 1960 andauerte. Im Jahr 1960 erhielt Nigeria eine von Westen aufgezwungene föderale Verfassung und zumindest äußerlich die Unabhängigkeit. Doch sollte jene Unabhängigkeit nicht lange währen. Mit Hilfe einiger westlicher Staaten fand 1967 ein Militärputsch statt, was zum Biafra-Krieg führte mit 2 Millionen ermordeten Menschen, unter ihnen größtenteils Kinder. Viele sind verhungert. Solcherlei Massenmorde in Afrika hat die Westliche Welt bestenfalls als Kollateralschaden zur Kenntnis genommen. Die Kontrolle über die Bodenschätze war immer wichtiger. 1975 folgte ein weiterer Militärsturz nach dem Motto, hat der erste westhörige General so viele Massaker verübt, dass er nicht mehr zu halten ist, wird er von einem anderen westhörigen Putschisten ersetzt, ein Prinzip, das bis heute angewandte wird (siehe z.B. Ägypten).

Zwischenzeitlich kam 1979 ein ziviler Präsident an die Macht und Nigeria wurde der größte Erdölexporteur Afrikas. Die Folge war der nächste Militärputsch im Jahr 1983. Ein westhöriger Diktator wurde vom nächsten ersetzt bis in den 1990er Jahren eine der brutalsten Militärdiktaturen in der nigerianischen Geschichte folgte. Sie war so brutal, dass selbst deren Unterstützer und Auftraggeber sie zumindest vor den eigenen Öffentlichkeiten nicht mehr vertreten konnten. Damals hatten die Bevölkerungen in Europa noch so etwas wie ein Gewissen. Nigeria wurde im Jahr 1995 mit sofortiger Wirkung aus dem britischen Kolonialsystem Commonwealth of Nations ausgeschlossen.

Es folgten die üblichen Spielchen zwischen Scheindemokratisierung und Putschen unter der Regie der Westlichen Welt. Allerdings verloren die europäischen Kolonialisten zunehmend die Kontrolle über das Land an ihre neuen Herren aus den USA. Ein schwacher und gesundheitlich angeschlagener Präsident ließ sich im Jahr 2009 und auch später mehrere Male in Saudi-Arabien behandeln. In der Folge leisteten sich zwei korrupte Staatschefs, einer Christ und einer Muslim in dem muslimisch dominierten Land Wahlkämpfe, die nur den Kolonialisten nützten. Zum wirklichen Regieren kamen beide nicht, denn sie wurden durch eine neu gegründete Terrororganisation namens Boko Haram in Schach gehalten. Es gibt sehr deutliche Indizien dafür, dass der CIA und der Mossad hinter Boko Haram stecken [1]. Die imperiale Destabilisierungskampagne diente dazu, die Bodenschätze des Landes weiterhin ungestört vom nigerianischen Volk ausbeuten zu können. Boko Haram entstand zudem in einer Zeit, in der die Anhänger der islamischen Befreiungstheologie, wie sie von der Islamischen Republik Iran ausgeht, immer mehr Zulauf in Afrika erhielten. Flaggenträger dieser Bewegung in Nigeria mit einer Strahlkraft, die weit über Nigeria hinausreicht, ist der große islamische Gelehrte Sayyid Ibrahim Zakzaky. Sein gewaltfreier Widerstand fand auch Anhänger unter Christen im Land.

Im Jahr 2008 organisierte eine von ihm geführte Organisation einen Kongress über "Die Schaffung des illegalen Staates Israel". Spätestens seither versucht die Westliche Welt seinen Einfluss einzudämmen. Bereits seit 2011 haben angelsächsisch basierte Medien gegen ihn Hetzartikel verfasst. Am 12.12.2015 fand erneut ein Massaker an seinen unbewaffneten Anhängern statt. Das Militär schoss auf einen Trauerzug und ermordete zahlreiche unbewaffnete Muslime, darunter auch einen Sohn Zakzakys namens Ali. Scheich Zakzaky und seine Ehefrau namens Zeenat wurden schwer verletzt festgenommen und befinden sich seither im Gefängnis des Militärs. Seine Anhänger haben unter anderem ein Büro für ihn in Teheran eingerichtet und twittern regelmäßig neuste Informationen über seinen Gesundheitszustand [2]. Im Sommer 2019 verschlechterte sich der Gesundheitszustand von Scheich Zakzaky, so dass seine Anhänger weltweit Kampagnen gestartet haben, um sich für seine Freilassung einzusetzen. Mehrere Offizielle der Islamischen Republik Iran haben die Kampagnen unterstützt. Bereits im Jahr 2016 hatte das Oberhaupt der Islamischen Revolution im Iran, Imam Chamenei, gesagt: „Scheich Zakzaky ist eine unterdrückte, aber mutige und entschlossene Person, die von anderen angegriffen wurde.“ Er wies bereits damals auf den globalen Zusammenhang dieser Verbrechen hin: „Beachten Sie, dass in der heutigen Zeit überall Muslime getötet werden, von Ostasien, Myanmar bis Westafrika, Nigeria und anderen solchen Ländern. Sie werden überall getötet. An einigen Orten werden sie von Buddhisten getötet, und an einigen Orten werden sie von Boko Haram, DAESH (IS) und dergleichen getötet.“ [3]

Im Sommer 2019 war aber etwas anders. Die gleichen westlichen Medien, die jahrelang gegen Scheich Zakzaky gehetzt und eingebetteten Journalismus zur Destabilisierung Nigerias betrieben hatten, berichteten jetzt über die Unterdrückungsmaßnahmen der Regierung gegen die neue Befreiungsbewegung im Land. Sie schrieben nicht für die stets vom Westen geschützten Diktatoren und Militärs in Nigeria, sondern erregten sogar Mitleid mit Scheich Zakzaky und seiner Ehefrau. Gleich mehrfach berichtete die Washington Post von den friedlichen Protesten der Scheich-Anhänger in Nigeria [4]. Die News York Times schrieb unterstützend [5]. Der deutsche „Spiegel“ wollte nicht nachstehen und verfasste einen Artikel mit dem Titel: „Boko Haram bombt, die Schiiten bluten“ [6]. Auch wenn der Artikel selbst die Überschrift wieder relativiert, bleibt die Frage offen, warum die westlichen Presstituierten neuerdings so über Nigeria und Scheich Zakzaky berichten.

Was war passiert? Haben jene Presstiuierten ihr Gewissen entdeckt? Wollen die westlichen Medien sich neuerdings wirklich für Menschenrechte einsetzen? Ein gläubiger Mensch glaubt immer an Wunder, aber auch Wunder haben regeln. Ein System und eine Berufsklasse, die sich mit Haut und Haaren dem Kapitalismus unterworfen hat, wird niemals so plötzlich die Seiten wechseln? Wer westliche Nachrichten verstehen möchte, darf sich niemals die Frage stellen, ob jene Nachricht wahr oder falsch ist, denn das spielt bei westlichen Nachrichten keine Rolle (siehe angeblichen Drohnenabschuss der USA von heute). Vielmehr muss man sich die Frage stellen, warum jene Nachricht verbreitet wird, um der Angelegenheit näher zu kommen. Warum stellen sich westliche Presstituierte zumindest teilweise an die Seite von Scheich Zakzaky gegen die amtierende nigerianische Regierung, die doch auch mit westlichen Gnaden herrscht? Die Antwort auf diese Frage lautet: Neue Seidenstraße!

Im Windschatten westlicher Kanonenbootdiplomatie und Sanktionsgetöse hat China seine Beziehungen zu Afrika Stück für Stück ausgebaut. Bereits 2018 erschein ein bemerkenswerter Artikel mit dem Titel „Nigeria: Maritime Silk Road As Game Changer for Global Transport” (Nigeria, die maritime Seidenstraße als Spielveränderer für den globalen Transport) [7]. Ein Jahr zuvor war den westlichen Analytikern klar: What China's new silk road means for Nigeria (Was Chinas neue Seidenstraße für Nigeria bedeutet) [8]. Am 11. Juni 2019 beschlossen die fünfzehn Mitglieder der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) auf einer Tagung in Abuja, eine neue afrikanische Währung zu prägen, deren Name „ECO“ lauten soll als Eintritt in die Neue Seidenstraße [9].

Der Westen verliert nach und nach immer mehr an Einfluss in dieser Welt, vor allem in Afrika. Das ist der Grund dafür, warum – für eine kurze Zweit – der Eindruck erweckt wird, dass westliche Medien sich für einen gewaltfreien Widerstand gegen Ausbeutung einsetzen könnten. Das ist sicherlich nicht der Fall. Im Krieg des Westens gegen China in Nigeria wird das tragische Schicksal Scheich Zakzakys nur missbraucht, um westliche Interessen zu bedienen. Sind diese Ziele erreicht, wird Scheich Zakzaky wieder zum Bösen stilisiert werden, denn er setzt sich gewaltfrei für die Freiheit und Unabhängigkeit aller Nigerianer ein und möchte, dass das ganze Volk vom eigenen Reichtum profitiert. Das aber liegt nicht im Interesse des Verbrechersystems namens Kapitalismus.

Scheich Zakzaky und seiner Frau sei von ganzem Herzen die baldige Genesung und Freilassung gewünscht. Die Gebete von Millionen freiheitliebender Menschen (Juden, Christen und Muslime) begleiten das Schicksal dieses afrikanischen Helden. Für uns Nachrichtenkonsumenten aber sei gewünscht, dass wir niemals glauben, das Verbrechersystem namens Kapitalismus könnte irgendwie menschlich gestaltet werden. Scheich Zakzaky und seinesgleichen setzen sich für Frieden und Freiheit in Gerechtigkeit ein. Kapitalismus aber ist nur möglich in Unfrieden, Unfreiheit und Ungerechtigkeit.

Gott schütze Scheich Zakzaky, seine Ehefrau und seine Anhänger!

[1] https://rotefahne.eu/2014/05/boko-haram-...eheimoperation/
[2] https://twitter.com/SZakzakyOffice?ref_s...s-Mallima-Zeena
[3] http://english.khamenei.ir/news/4570/She...individual-Imam
[4] https://www.washingtonpost.com/world/afr...m=.e90b84ba0f02
[5] https://www.nytimes.com/aponline/2019/07...a-protests.html
[6] https://www.spiegel.de/politik/ausland/n...-a-1275960.html
[7] https://allafrica.com/stories/201811090257.html
[8] https://www.cips.org/en/supply-managemen...ns-for-nigeria/
[9] https://moderndiplomacy.eu/2019/07/05/th...rican-currency/

 

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